Kühlschmierstoffe und Borsäure
Borsäure ist eine schwache Säure, deren Salze in Form von Boraten in großer Menge in der Erdkruste vorkommen. Das Element Bor ist lebensnotwendig (essentiell) und kommt in vielen Lebensmitteln (z.B. Milch, Milchprodukten, Obst, Nüssen und Gemüse) sowie im Trinkwasser vor; Äpfel Kaffee und Wein enthalten vergleichsweise große Mengen an Borverbindungen. Borate werden seit über 100 Jahren gefördert und verarbeitet. Borsäure und Borate werden in sehr großen Mengen in einer Vielzahl von Anwendungen wie z. B. Arzneimittel, Keramik, Glas, Waschmittel und - als Düngerhilfsmittel - in der Landwirtschaft verwendet. Sie wurden sehr lange als kaum gefährlich betrachtet und seit Generationen sicher eingesetzt.
Borsäure wird u. a. auch als Ausgangsmaterial für die Herstellung von Korrosionsinhibitoren verwendet, die häufig in wassermischbaren Kühlschmierstoffen (KSS) zum Einsatz kommen.
Einstufung der Borsäure und Borate
Trotz erheblicher Bedenken von Industrie und Anwendern, basierend auf jahrzehntelanger Erfahrungen und sicheren Verwendung von Borsäure, beschlossen die EU-Behörden, Borsäure und Natriumborat einzustufen als „Reproduktionstoxisch, Kategorie 1B".
Die Kennzeichnungsvorschriften für Borsäure ab dem 1. Dezember 2010 sind nachfolgend zusammengefasst:
- Einstufung: | Reproduktionstoxisch 1B; H360FD |
- Kennzeichnung: | Piktogramm GHS08 |
- Signalwort: | Gefahr |
- Gefahrenhinweis: | Kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen |
Für Borsäure ist der Grenzwert für die Einstufung eines Kühlschmierstoffs 5,5% (Masse), was bedeutet, dass nur solche Schmierstoffe, die 5,5% oder mehr freie Borsäure enthalten, wie oben angegeben einzustufen sind.
Darüber hinaus soll die Borsäure in den Anhang XIV REACH (SVHC-Liste) aufgenommen werden. Dies würde bedeuten, dass die Verwendung von Borsäure für die Herstellung von Kühlschmierstoffen zugelassen werden müsste.
Bestimmung freier Borsäure mittels 11B-NMR-Spektroskopie
Die quantitative Bestimmung freier Borsäure im üblichen, alkalisch abgepufferten Kühlschmierstoffkonzentrat ist schwierig, weil chemische Methoden das Gleichgewicht stören und zu falschen Ergebnissen führen. Deshalb wurde - basierend auf bereits vorliegenden Ergebnissen von zwei KSS-Herstellern - die 11Bor-NMR-Spektroskopie ausgewählt.
Der VSI und die DGUV haben eine Handlungshilfe entwickelt, die diese Messmetholde erläutert und Hinweise zur sicheren Handhabung und Verwendung der Borsäure gibt.
Diese Methode dient seit Jahrzehnten der Strukturaufklärung organischer wie anorganischer Verbindungen, und es gibt eine Vielzahl von Veröffentlichungen, in denen der Gehalt freier Borsäure neben den unterschiedlichsten Borsäureverbindungen (Ester, Salze, Komplexe) in Abhängigkeit verschiedener Rahmenbedingungen bestimmt wurde.
In einer repräsentativen Untersuchung wurden 52 Proben von KSS Konzentraten von 5 verschiedenen Herstellern untersucht. Von den Herstellern wurden folgende Daten als relevant angegeben bzw. ermittelt:
1. Eingesetzte Menge Borsäure, rezepturtechnisch
2. Eingesetzte Menge Alkanolamin
3. Eingesetzte Menge Mineralöl/Esteröl
4. pH-Wert Konzentrat
Aus den Spektren wurde die Menge an freier Borsäure ermittelt. Es konnte festgestellt werden, dass nur in einer der 52 KSS Konzentratproben der Gehalt an freier Borsäure mit 5,6 % knapp oberhalb des Grenzwertes von 5,5 % lag. Diese Probe liegt mit 18 % Borsäure (rezepturtechnisch) oberhalb typischer Gehalte. Für alle 52 Proben wurde der „Index" = Quotient aus freier geteilt durch rezepturtechnisch eingesetzter Borsäure ermittelt. Dieser liegt produkt- und herstellungsspezifisch zwischen 0,08 und 0,5. Eine prognostizierte Abhängigkeit allein vom pH-Wert des Konzentrates ist nicht feststellbar.
Befund: In 51 KSS-Konzentratproben liegen die Gehalte an freier Borsäure unterhalb der Grenze von 5,5 % und führen somit nicht zu einer Kennzeichnung. Die rezepturtechnischen Borsäuregehalte lagen dabei zwischen ca. 6 und 18 %.
Weitere Hinweise zur Borsäure können auch dem UKLA-Positionspapier entnommen werden.
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