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TECHNISCHE INFORMATIONEN

Walzöle

Walzöl (Rolling Oil) und Walzemulsion (Rolling Emusion)

Zur Herstellung von Blechen und Flachprodukten aus Metall werden große Mengen Walzöle gebraucht. Aus diesen Blechen werden dann eine unübersehbar große Anzahl von Industrieprodukten gefertigt: Lebensmittelbehälter (Konservendosen, Aluminiumschalen), Autobleche, Gebäudeverkleidungen, Kochtöpfe, Münzen usw.

Grundlagen:

 

Unabhängig von der Art des Metalls (Stahl, Aluminium, Kupfer usw.) ist der Walzprozess immer gleich: Ein Stück Metall wird zwischen zwei rotierenden Walzen hindurchgezogen. Der Spalt zwischen den Walzen ist dabei stets kleiner als die Ausgangsdicke des Metalls. Als Ergebnis wird das Metall dünner und länger. Dieser Prozess wird mehrfach wiederholt, bis das Metall seine gewünschte Enddicke hat. Dies können einige mm sein, aber auch nur 5,5µm (Aluminiumfolie für Getränkeverpackung).

Die Stichabnahme (Reduction per pass) wird als Verhältnis von einlaufendem zu auslaufendem Band angegeben (siehe Abbildung).

 

Die Stichabnahme kann zwischen 50% und einigen Promille (beim finishing) liegen. Aus der Skizze oben kann man ein Problem beim Walzen erkennen: bis zum Neutralpunkt ist die Relativgeschwindigkeit des Bandes niedriger als die der Walze, nach dem Neutralpunkt ist es umgekehrt. Daher resultiert eine erhebliche Reibung zwischen Band und Walze, die unerwünschte Effekte als Ergebnis hat, u. a.:

 

  • Schlechte Oberflächenqualität des Bandes

  • Walzenverschleiß

  • "Kleben" des Bandes an der Walze

  • Erhöhter Energieverbrauch


Aus diesem Grund werden Walzöl bzw. Walzemulsion auf das Band gesprüht. Dadurch werden die Reibbedingungen zwischen Band und Walze gezielt beeinflusst, so das man eine gute Oberfläche bei maximaler Walzgeschwindigkeit und minimalem Walzverschleiß erhält. Allerdings darf die Reibung durch den Schmierstoff nicht so weit vermindert werden, dass es zum "rutschen" zwischen Band und Walze kommt.


Hier ist der Walzölhersteller gefragt, der die Walzflüssigkeit auf den Walzprozess abstimmen muss, so dass ein optimales Ergebnis erzielt wird. Es gibt daher kaum eine Walzflüssigkeit, die auf mehreren Walzgerüsten eingesetzt werden kann, denn diese muss auf das Metall, Walzgeschwindigkeit, Walztemperatur, Reduktion usw. abgestimmt werden (s. u.).

Wir unterscheiden hier den Walzprozess zunächst nach

 

  • Metalltemperatur und Umformgrad: Kalt- und Warmwalzen

  • Metall: Stahl, Buntmetall, Aluminium, Edelstahl

  • Gerüsttyp: Duo (2 Arbeitswalzen), Quarto (2 Arbeits- und 2 Stützwalzen), Sexto (2 Arbeits- und 4 Stützwalzen, Multirollengrüste (20-Roller und Sendzimir), jeweils mit Untertyp Reversiergerüst, Tandemstraße etc. Auf die einzelnen Gerüsttypen und deren Anforderungen an den Schmierstoff soll hier nicht näher eingegangen werden. Eine Sonderstellung nehmen Bandgussanlagen ("continuous casting") ein, bei denen das Metall zu Bändern gegossen und gleich gewalzt wird.

 

Warmwalzen: das Metall wird vor dem Walzen erhitzt. Die Gründe dafür sind u.a. ein höherer möglicher Deformationsgrad. Die Temperaturen reichen dabei von ca. 500°C (Aluminium) bis über 1000°C (Stahl). Bei diesen Temperaturen würde Öl sofort verbrennen, daher wird für das Warmwalzen eine Walzemulsion (Mischung aus Öl und Wasser) verwendet.

 

Kaltwalzen: das Metall hat vor dem Walzen Raumtemperatur, erhitzt sich aber durch den Walzprozess stark. Die möglichen Stichabnahmen sind geringer, dafür sind gute Oberflächenqualitäten möglich, auch wird das Metallgefüge durch das Kaltwalzen härter, ggf. muss das Metall sogar nach einigen Stichen wieder weichgeglüht werden, um weiter gewalzt zu werden. Für das Kaltwalzen werden in der Regel Walzöle verwendet, gelegentlich aber auch Emulsionen.

Das Öl muss auch auf den Gerüsttyp und das Metall abgestimmt werden.

Die Funktionen der Walzflüssigkeiten sind im wesentlichen:

 

  • Kühlen von Metall und Walzen
  • Spülen der Feinstpartikel, die im Walzspalt entstehen
  • Reibverminderung im Walzspalt in definierter Art und Weise
  • Vermeidung eines übermäßigen Walzhemdes, "Roll Coating", durch Transfer von Metallpartikeln vom Walzgut zur Walze.

 

Daneben soll das Walzöl natürlich preiswert, sparsam im Verbrauch, möglichst umweltfreundlich, wenig pflegebedürftig, gut filtrierbar und langlebig sein.

Die Vor- und Nachteile von Emulsion und Öl sind u.a.:

 

Walzemulsion Walzöl
+ gute Kühleigenschaften + sehr gute Oberflächenqualität
+ geringes Feuerrisiko + hohe Lebensdauer
+ hohe Stichabnahme möglich + geringer Pflegeaufwand
+ geringe Anlageninvestition + einfache Überwachung
- laufende Emulsionsüberwachung notwendig + geringe Entsorgungskosten
- vergleichsweise geringe Lebensdauer - Feuergefahr
- hoher Pflegeaufwand - geringere Stichabnahme
- nur mäßige Oberflächenqualität erreichbar
- etwas höheres Gesundheitsrisiko

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Kaltwalzöle

Kaltwalzöle werden hauptsächlich zum Walzen von Aluminium, Kupfer und Edelstahl verwendet. Diese bestehen im wesentlichen aus:

  • Grundöl
  • Antioxidant
  • ggf. Metallpassivatoren
  • ggf. Leitfähigkeitsverbesserer
  • Verschleißschutzadditive
  • Reibwertverminderer

Welche und wieviel der o.g. Additive zum Einsatz kommen, hängt von den genauen Walzbedingungen ab.

 

Grundöl:

Das Grundöl ist der wichtigste Bestandteil überhaupt. Das Grundöl beeinflusst entscheidend

  • die Viskosität des Walzöles
  • den Flammpunkt
  • die thermische Stabilität
  • das Schaumverhalten
  • das Glühverhalten
  • die Fähigkeit zur Wasserabspaltung

In der Regel kommen nur sehr gut ausraffinierte, i. d. R. paraffinische Öle zum Einsatz. Der Siedeschnitt muss vor allem für das Aluminium-Kaltwalzen sehr eng sein (Differenz von Siedebeginn des Öls bis Siedeende 10-15°C!). Diese Öle sind qualitativ und preislich deutlich über normalen Grundölen anzusiedeln.
Die wichtigste Eigenschaft ist die Viskosität. Sie beeinflusst entscheidend die Walzparameter mit. Zur Erläuterung hier die "Striebeckkurve"", mit der man die Zusammenhänge gut qualitativ darstellen kann (siehe Abbildung).

Auf der Abszisse ist der Reibungskoeffizient dargestellt, auf der Ordinate die Funktion aus Geschwindigkeit, Druck und Viskosität. Für das Walzen ist das Mischreibungsgebiet geeignet. Im Bereich geringer Schmierung kommt es zu ständigem Kontakt mit dem Walzgut, was schlechte Oberflächen und Beschädigung der Walze zur Folge hat, im Gebiet hydrodynamischer Schmierung "schwimmt" die Walze auf und ein gezielter Walzprozess ist nicht mehr möglich. Durch Variation der Parameter v, p und n kann man sich in das Gebiet der Mischreibung begeben: Für eine bestimmte Stichabnahme (Druck) und eine bestimmte Walzgeschwindigkeit benötigt man eine bestimmte Walzölviskosität. Ist diese zu niedrig kommt man in das Gebiet der geringen Schmierung, ist diese zu hoch in das Gebiet der hydrodynamischen Schmierung. Hier müssen Walzwerk und Öllieferant eng zusammen arbeiten, um das richtige Öl zu finden. In gewissen Grenzen kann man noch durch Additive das Öl entsprechend anpassen.


Antioxidantien:

In Gegenwart von Luftsauerstoff und Hitze oder einfach nur durch lange Einwirkdauer der Luft auf das Öl bilden sich Oxidationsprodukte im Öl. Diese Oxidationsprodukte bilden Ablagerungen, erhöhen die Ölviskosität und führen u. a. zu Glühflecken. Antioxidantien verhindern bzw. verzögern diesen Prozess. Die Auswahl eines geeigneten Additivs ist nicht einfach, da auch Randbedingungen berücksichtigt werden müssen. So verdampfen bestimmte Antioxidantien im Verlauf der Ölrückgewinnung durch Abluftreinigungsanlagen.

 

Leitfähigkeitsverbesserer:

Diese Additive erhöhen die Leitfähigkeit des Walzöles. Gerade moderne Filteranlagen, betrieben mit (aktiver) Filtererde, filtern jegliche polaren Rückstände und Additive aus dem Walzöl, was an sich nicht schlecht ist. Aber als Folge davon sinkt die Leitfähigkeit des Walzöles bis unter einen kritischen Wert. Da das Öl permanent umgepumpt wird, entsteht leicht statische Elektrizität, die durch Entladung zu Feuer führen kann. Oft ist die Brandursache in Walzwerken eine zu geringe Leitfähigkeit des Walzöles. Die Erdung der Versorgungsleitungen entschärft das Problem, beseitigt es aber nicht.

 

Reibwertverbesserer:

Diese Gruppe von Additiven senkt die Reibung zwischen Walze und Band gezielt ab bzw. erhöht das Druckaufnahmevermögen des Öls durch Bildung von Metallsalzen (Metallseifen). Die wichtigsten Additive sind:

  • Carbonsäuren
  • Carbonsäureester
  • Fettalkohole

Durch die unterschiedlich starke Polarität der funktionellen Gruppe (-COOH, -COOR- und -OH) werden diese Additive mehr oder weniger stark an das Metall gebunden und beeinflussen so die Reibung. Oft werden verschiedene Additive miteinander kombiniert. Entscheidend ist auch die Kettenlänge der Kohlenwasserstoffkette. Sie beeinflusst Glühverhalten (Flecken auf dem Band, die nach dem Glühen entstehen, s. u.), Löslichkeit im Öl und die Leistung des Additivs. Hier ist viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl bei der Auswahl notwendig. Der Gehalt an diesen Additiven muss überwacht werden, da diese leicht ausfiltriert werden. Ein zu hoher Gehalt z. B. an Estern kann bestimmte Filtertypen, die im Edelstahlbereich verwendet werden, rasch blockieren (Filterkerzen), daher muss auch darauf bei Additivauswahl und Menge geachtet werden. Der Aufbau verschiedener Walzöle kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden:

 

Walzemulsionen

Walzemulsionen (Rolling Emulsion) werden als Konzentrat geliefert und je nach Einsatzzweck zwischen 0,5% und 6% in Wasser emulgiert bzw. gelöst. Sie werden verwendet zum

 

  • Warmwalzen von Aluminium
  • Walzen von Buntmetallen
  • Kaltwalzen von Aluminium (selten); der Vorteil ist hier die niedrige Feuergefahr und die gute Kühlung bei hohen Stichabnahmen harter Legierungen; ein bislang ungelöstes Problem ist das Wasser, welches auf dem Band verbleibt und zu Flecken führen kann.
  • Walzen von Stahl (Karbonstahl)

 

Stahlwalzemulsionen dienen hauptsächlich der Kühlung des glühenden Stahls und der Walzen und werden daher in geringer Konzentration eingesetzt. Aus diesem Grund besteht das Konzentrat zu einem großen Teil aus Korrosionsschutz, die Schmierung ist hier im Hintergrund.
Bei Aluminium und Buntmetallen sind die Emulsionen meist komplexer zusammengesetzt. Das Konzentrat enthält u.a.

 

  • Grundöl (für die Schmierung)
  • Emulgatoren (machen das Öl mischbar mit Wasser)
  • Netzmittel (benetzten die Metalloberfläche)
  • Reibwertverbesserer (Schmierung)
  • EP (Extrem Pressure, Hochdruck-) Additive (Druckaufnahmevermögen, hohe Stichabnahme)
  • Antioxidantien (verzögern die Oxidation)
  • Verschleißschutzadditive
  • Korrosionsschutz
  • Metallpassivatoren (optional)
  • Biozide (optional)

 

Grundöl

Grundöle für Walzemulsionen sind i. d. R. viskoser als die Grundöle der Kaltwalzöle, da die Walzgeschwindigkeit niedriger ist. Sinngemäß gilt hier auch das dort über die Striebeckkurve ausgesagte. Die Viskosität liegt meist zwischen 20-40mm2/s. Zum Einsatz kommen meist naphtenbasische Grundöle, denn diese lassen sich leichter emulgieren, aber auch paraffinische Grundöle, synthetische Grundöle und Ester können verwendet werden. Gerade synthetische Grundöle sind allerdings schwer zu emulgieren (d. h. mit dem Wasser zu mischen).

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Trotz des Einsatzes von Emulgatoren ist jede Emulsion mehr oder weniger stabil, d. h. nach einer gewissen Zeit (einige Minuten bis zu einigen Wochen, je nach Zusammensetzung) "rahmt" eine Emulsion auf, d. h. an der Oberfläche schwimmen die Öltröpfchen auf oder es schwimmt gar Öl auf, d. h. weiter unten wird die Emulsion dünner, enthält weniger Öl. Dieser Effekt wird beeinflusst vom Grundöl, dem Emulgator, Temperatur, Zeit, Verunreinigungen usw. Eine Walzemulsion muss etwas instabil sein, damit sie gut schmiert. Ist sie zu stabil, sind die Walzergebnisse mangelhaft, ist sie zu instabil, sind die Ergebnisse oft auch nicht gut, zudem steigt der Verbrauch und das Schaumverhalten wird negativ beeinflusst.


Sonderschmierstoffe für Walzwerke, sogenannte "Low Stain Fluids"

Außer Walzölen bzw. Walzemulsionen werden in einem Walzwerk natürlich noch zahlreiche andere Schmierstoffe gebraucht: Hydrauliköle, Getriebeöle und Umlauföle zur Lagerschmierung. Die Schmierstellen befinden sich z. T. direkt am Walzgerüst. Es kann daher passieren, dass diese Öle durch Leckagen in das Walzöl bzw. in die Walzemulsion gelangen. Dies ist aus zweierlei Gründen problematisch.

 

Zum einen erhöht sich die Grundölviskosität, was gerade bei Aluminiumkaltwalzölen problematisch ist und zum anderen bilden sich beim anschließenden Glühen Flecken auf dem Metall. Durch den Glühprozess wird das Metallgefüge verändert und Walzölrückstände entfernt. Konventionelle Schmieröle verdampfen schwerer als Walzöl, cracken und bilden Rückstände. Dies gilt es zu vermeiden. Fremdöl ist die Hauptursache für Glühflecken schlechthin. Aus diesem Grund bieten verschiedene Ölhersteller sogenannte "Low Stain" Öle an. Die sind Hydrauliköle, Getriebeöle usw., welche beim Glühen weitgehend rückstandsfrei verdampfen und auch z. T. lebensmittelverträglich sind (wichtig für die Herstellung von Lebensmittelverpackungen aus Aluminiumfolie). Diese Produkte sind meist ganz anders aufgebaut als ein konventionelles Öl, was sie teurer macht und auch dazu führen kann, dass sie bestimmte Industrieanforderungen nicht mehr voll erfüllen (z. B. die Hydraulikölnorm DIN 51524 oder auch die Anforderungen von Lagerherstellern wie Morgan). Allerdings kann man damit in einem Walzwerk in der Regel umgehen und die entstehenden Kosten durch eine geringere Lebenserwartung eines Bauteils z. B. aus dem Hydrauliksystem wird mehr als wettgemacht durch eine störungsfreie Produktion.

(c) Verband Schmierstoff-Industrie e.V. 2006

Für weitergehende Fragen hierzu steht Ihnen der VSI gerne zur Verfügung.

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